Dienstag, 11. Februar 2014

Kuriositäten!

Japan, das Land der kuriosen Ideen!

Bei uns ist Japan ja schon längst für seine kuriosen Erfindungen und die interessanten Leute bekannt. Viele der ganz verrückten Vorurteile kann ich zwar leider nicht bestätigen, zumindest habe ich keine Unterhöschen-Automaten entdeckt und Wal stand auch nicht nicht ganz oben auf dem Speiseplan jeder japanischen Otto-Normal-Familie, aber es gab sie trotzdem!
In meinen 10 Monaten in Japan hat sich eine ganz eigene Kollektion an seltsamen Erfahrungen und Dingen angesammelt, die ich mit euch teilen möchte.

(Die folgende Liste wird laufend erweitert...)


  • Der Popo-Platz
Popo-Party!
Sannomiya ist ja DER Umschlagplatz für gemeinsame Freizeitaktivitäten in Kobe. Hier im Stadtzentrum laufen alle Haupt-Verkehrsadern der ansässigen Bahngesellschaften zusammen und es gibt massenhaft Restaurants, Geschäfte, Game Centers und was auch immer das Herz der Ausgehwütigen erfreut.
Wenn die jungen Leute sich hier treffen wollen, verabreden sie sich an einem zentralen Platz am Bahnhof. Es handelt sich um eine kunstvoll geplante, mit Pflastersteinen ausgelegte Fläche, die mit kleinen Hügeln gespickt ist, auf denen sich unter anderem Sitzmöglichkeiten befinden. In der Mitte dieses Platzes steht die Statue, die rechts im Bild zu sehen ist: Kunstvoll stapeln sich die Abbilder menschlicher Hintern übereinander. Männliche, weibliche, mal richtig herum und mal auf dem Kopf fügen sie sich ineinander. Eigentlich lautet der Titel dieser Statue "AMORE", und sie ist völlig ernst gemeinte Kunst. Aber weil die ganze Machart dieses Platzes einfach nach Ironie schreit, nennen die Japaner den Treffpunkt "おっぱい公園におしりタワー", oder auf Deutsch: "Popo-Turm im Brüste-Park". Trefft euch dort! Es lohnt sich!

  • Gesundes Fast-Food?
Leider bleibt auch ein gesund essendes Land wie Japan nicht mehr von amerikanischen Fast-Food Ketten verschont und es gibt auch hier mittlerweile in jeder Einkaufsmeile eine Burger-Bude. Total überrascht war ich aber, als ich gesehen habe, dass man beim japanischen McDonald's das Kinder-Menü auch mit einer Portion Mais anstelle der Portion Pommes kaufen kann. Ganz schön gesund, die Japaner!

  • Japaner sind sehr müde...
Japaner sind hart arbeitende, viel beschäftigte Leute. Und weil es am Tag neben der Arbeit noch so viel Schönes zu tun gibt, muss man eben woanders Abstriche machen: In diesem Fall passiert das dann oft nachts. Viele japanische Freunde von mir haben gesagt, dass sie kaum eine Nacht mehr als 5 Stunden schlafen. Manche behaupten, die kämen sogar mit nur 3 Stunden Schlaf pro Nacht aus! Meine Gastmutter war jeden Tag bis etwa 1 Uhr nachts wach und stand jeden Morgen um 5:30 auf.
Leider lässt sich der offensichtliche Schlafmangel der Japaner nicht besonders gut verbergen. Das merkt man besonders in der Bahn, wenn viele Fahrgäste auch während kurzer Fahrten einfach wegnicken. Meistens sitzen die Leute und lassen ihren Kopf nach vorne hängen, um für einige Minuten "ihre Augen auszuruhen". (Das stelle ich mir auf Dauer sehr unschön für den Nacken vor!) Es kommt aber auch durchauf vor, dass die Leute so tief schlafen, dass sie ihren Kopf versehentlich auf die Schulter ihres Sitznachbarn ablegen und ruhig vor sich hin ratzen. Mir ist es sehr häufig passiert, dass ich wildfremde Leute an mich gekuschelt und gedöst haben! Wenn sie aufwachen und das bemerken, sind sie meistens peinlich berührt. Und wenn sie merken, dass sie auf einer Ausländerin eingenickt sind, sind sie manchmal geradezu geschockt und untröstlich! Ahahaha! Aber solange ich nicht vollgespeichelt werde, macht es mir nichts aus, unfreiwillig bekuschelt zu werden... Ahahaha!
Noch kurioser wird es, wenn die Leute sogar IM STEHEN in der Bahn einnicken! Ich habe es nicht für möglich gehalten, aber das kommt durchaus vor! Besonders abends und besonders häufig in Tokyo.

  • Grüner Tee überall!
Grüner Tee hat in Japan eine lange Tradition und er ist längst nicht nur zum Trinken da. Wo wir bisher gerade mal "Matcha Latte" vor Starbucks kennengelernt haben, ist die japanische Tee-Industrie schon viel weiter mit seinen Grüntee-Kreationen.
Da wären ganz viele weitere Getränke mit Grüntee-Geschmack, traditionelle japanische Desseerts wie Mochi oder Dango, aber auch moderne Desserts wie Eiscreme haben den Grüntee-Kick schon abbekommen. Das Foto zeigt KitKat in den Sorten "Grüner Tee" und "gerösteter grüner Tee". Ich habe es in Uji (Kyoto) aufgenommen, wo grüner Tee seit jahrhunderten kultiviert und verarbeitet wird. Süßigkeiten mit Matcha-Geschmack sind zu Anfang vielleicht seltsam auf der Zunge, aber für mich schmecken sie außergewöhnlich gut!

  • Warten in der Schlange
Japaner sind gesittete Menschen. SEHR gesittete Menschen. Vordrängeln oder Schubsen existiert in diesem Land einfach nicht!
Gemerkt habe ich das besonders an Bushaltestellen. Jeder kennt das in Deutschland: Wenn an einer Bushaltestelle eine Horde Schulkinder steht, gibt es kein Erbarmen! Wer nicht selbst die Ellbogen ausfährt und sich in den Bus kämpft, riskiert eine blutige Nase oder Schlimmeres. "Vorne Einsteigen" ist für die wilde Horde dann ein Fremdwort und jeder ist sich selbst der nächste.
Nicht so in Japan: Man mag es kaum glauben, aber die Menschen stellen sich vor einer Bushaltestelle in Reih und Glied hintereinander, undzwar in genau der Reihenfolge, in der sie zur Haltestelle gekommen sind. Alle steigen gesittet in der richtigen Tür ein und niemand drämgelt sich vor. Es macht dabei auch keinen Unterschied, ob da 3 Leute an der Haltestelle stehen oder 300 (z.B. nach einem Event). Ich war absolut begeistert von so viel Disziplin!
Genau das gleiche Phänomen bei Zügen: Die genauen Haltepunkte für die Türen der Bahn sind am Boden markiert und die Leute stellen sich an diesen Punkte jeweils in eine Reihe, um dann gesittet einsteigen zu können.
Gewartet wird aber nicht nur auf öffentliche Verkehrsmittel. Auch vor Restaurants stehen die Japaner in Reih und Glied, wenn sie auf einen freien Tisch warten. In Deutschland würde wohl niemand auf die Idee kommen, lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen, um zu Abend zu essen. Man würde einfach ein anderes Restaurant suchen! In Japan ist es dagegen Gang und Gäbe, auch mal eine Stunde und mehr (!) vor der Tür eines Lokals zu warten! Oft haben die Restaurants bereits Stühle für die Wartenden bereit gestellt, und es wird schonmal vorab die Speisekarte verteilt, damit die Kunden nachher schneller bestellen können.
Ist das nicht verrückt???

  • Karaoke auf Deutsch
Dass Karaoke eine typisch japanische Freizeitbeschäftigung ist, wissen wir bereits. Aber wusstet ihr, dass man in Japan auch deutsche Songs trällern kann?
Man kann in so ziemlich jedem Karaoke-System zumindest die allseits bekannten "99 Luftballons" von Nena finden. Auch einige Hits von Dschinghis Khan sind damals wohl ein großer Renner in Japan gewesen! Dass die so weit um die Welt gegangen sind, wusste ich gar nicht. Daneben habe ich auch einige Songs von Falco gefunden.

 Wirklich kurios wird es aber erst, wenn man in dem Katalog Einträge für Rammstein entdeckt, und das sogar manchmal in Katakana geschrieben. Ich habe gefeiert, als ich "Sonne" und "Feuer Frei!" gefunden habe! Seltsamerweise war das Lied "Engel", wohl der bekannteste Track von Rammstein hier in Deutschland, nie dabei. Interessant waren auch immer die automatisch "angepassten" Random-Videos, die zu Rammstein gespielt wurden: Blaskapelle, Altstadt und Pferdekutsche - typisch deutsch eben! Das passt super! Ahahaha!



  • Klo-Pantoffeln
 Einige halten sie für einen Mythos, aber es gibt sie tatsächlich: Pantoffeln nur für die Toilette! Undzwar nicht zu knapp. Tatsächlich habe ich in fast jedem Haushalt welche angetroffen, sie sind also grundlegender Bestandteil der meisten japanischen Wohnungen.
Es handelt sich dabei um Hausschuhe, die einzig und allein für die Toilette (oder besser: den Toilettenboden) gedacht sind. Sie stehen am Eingang der Toilette bereit und müssen von jedem angezogen werden, sobald man den Raum betritt. Trägt man vorher schon andere Hausschuhe, müssen diese ausgezogen und durch die Toiletten-Schuhe getauscht werden.
Warum ist das so? Die Japaner sind teilweise sehr pingelig, was ihre Ansicht von "sauber" und "schmutzig" angeht. Sie sehen die Böden im Haus (im Gegensatz zum Boden draußen) grundsätzlich als sauber an. Lediglich der Eingangsbereich der Wohnung ("玄関"), der als eine Art Übergangsbereich zwischen draußen und drinnen liegt und immer eine Stufe niedriger liegt als der eigentliche Boden in der Wohnung, und der Toilettenboden werden als schmutzig betrachtet. Deswegen gebietet es die Höflichkeit, diese Böden nicht mit den "sauberen" Hausschuhen zu betreten. (In Wirklichkeit werden natürlich alle Böden im Haus gleichermaßen gereinigt und keiner der Böden ist schmutziger als ein anderer...!)
Eigentlich ist das mit dem Schuhe wechseln keine schwierige Sache, aber man muss sich natürlich erst einmal daran gewöhnen! Ein absolutes No-Go ist es nämlich, nach dem Toilettengang den Wechsel zu vergessen und mit den besudelten Toiletten-Pantoffeln den Boden im Haus zu beschmutzen! Angeblich treten ja regelmäßig massenweise Ausländer in das Toiletten-Pantoffel-Fettnäpfchen und erleiden schlimme Peinlichkeiten. Mir ist das allerdings nicht passiert.

  • Immer sicher über die Straße
Man könnte meinen, Studenten und Akademiker wären in der Lage, die Straße alleine zu überqueren...  oder? In Japan scheint dem nicht so zu sein, denn an den meisten Überwegen am und um den Campus standen (zumindest an meiner Uni) den ganzen Tag lang Verkehrseinweiser, die den Fußgängern und Auto-/Roller-/Radfahrern mittels Fähnchen signalisieren, wie sie die Straße überqueren dürfen. Und das nicht nur an der Uni! In Japan läuft man ständig an Leuten vorbei, die mit Fähnchen oder mit Leuchtstäben auf Schulwegen den Kreuzungsverkehr regeln oder vor Tiefgaragen die Ein- und Ausfahren absichern. Auch wenn eine Baustelle einen Fußgängerweg blockiert, gibt es immer einen Mitarbeiter, der den herbeikommenden Passanten hilft, sicher an der Baustelle vorbei zu kommen.
In ihren schicken Uniformen mit weißen Handschuhen und ordentlichen Mützen sehen sie zwar ganz offiziell und fast wie Polizisten aus, sie sind es aber nicht. Einige sind sicherlich bei einer Sicherheitsfirma oder Ähnliches eingestellt, aber ich vermute, dass die meisten das japanische Pendant zu 1-Euro-Jobbern darstellen, also eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Anders kann ich mir das nicht erklären. Am Anfang kam ich mir komisch vor, eine kleine Straße mit Hilfe überqueren zu müssen. Gerade bei wenig befahrenen Überwegen halten die Männer durchaus mal den ganzen Verkehr auf, damit ich alleine über die Straße gehen kann! Aber schaden tun sie ja auch nicht, und wenn sie damit ihre Familie ernähren können, dann ist das doch eine prima Sache!

  • "Deutsche" Bäckereien
Überall in den Städten, und in Kobe möglicherweise ganz besonders, trifft man auf Geschäfte, die "Köln", "Freundlieb", "Freund" oder "Schnurrbärt" (das "ä" steht da nur, damit das Wort noch "deutscher" aussieht!) heißen. Oftmals mit Unterschriften, die zwar eindeutig deutsch sein sollen, aber manchmal nicht ganz richtig geschrieben sind. Da Deutschland (und generell der deutschsprachige Raum, also auch Österreich und die Schweiz natürlich!) für sein hochwertiges und vielseitiges Brot bekannt ist, wollen sich diese Geschäfte mit dem deutschen Image schmücken.
Die "Köln" Bäckerei wirbt original mit dem Untertitel
"Hausgebacken Brot"

Das Kusiose: Trotzdem gibt es in diesen Läden eigentlich nur japanische Backwaren! Richtiges deutsches Vollkornbrot gibt es selbst hier nicht. (Leider!)
P.S.: Es gibt auch viele Bäckerweien mit französischen Namen. Hier gibt das gleiche Prinzip!



Die "Köln" Bäckerei von innen. Auch wenn es keine deutschen Brote sind,
 sind sie trotzdem sehr lecker!




  • Doneru Kebabu? (Ach so, das soll "Döner Kebeb" heißen...)
Eigentlich gibt es in Japan keinen Döner, aber ich habe EINEN Dönerstand auf einem Fest gefunden! Und der nette Verkäufer hat extra für mich posiert.

  • Pizza
Egal, ob in Italien oder woanders: Nichts geht über eine gute alte Pizza. Das wissen auch die Japaner, und so hat sich auch in Japan eine Pizza-Kultur mit Bringdiensten und Pizzalieferanten ausgebildet. Pizza-La und Domino's sind zum Beispiel zwei weit verbreitete Ketten. Allerdings habe ich dort Variationen gefunden, die es in Deutschland so nicht gibt. (Und ich meine damit nicht die oft als "japanische Pizza" bezeichneten "Okonomiyaki". Das ist ein einheimisches Rezept!) Abgesehen von Variationen mit diversen Meeresfrüchten, die es in Deutschland sehr selten, aber in Italien und anderen europäischen Ländern durchaus oft gibt (zum Beispiel habe ich in Spanien eine Pizza mit Miesmuscheln gegessen!), passen die Japaner ihre Pizza gerne auch mal an ihren eigenen Geschmack an.
Hier eine Variante mit Lachsrogen und Nori.
Wo wir davon ausgehen, dass eine Pizza in ihrer minimalsten Ausstattung aus einem Teigboden, einer Tomatensauce, Käse und mediterranen Gewürzen wie Basilikum und Oregano besteht, verzichten die Japaner gerne auf die letzteren drei. Aber was kommt bei ihnen sonst auf die Pizza???

Auf dieser Pizza gibt es Kartoffeln und Mayonnaise.
Lasst mich nur einige verstörende Beispiele nennen:
Kartoffeln
Mayonnaise
Seelachs-/Pollackrogen (Fischeier)
Krabben
Mochi
Brühwürstchen
Nori (getrockneter Seetang)
Weiße Saußen (Sauce Hollandaise, o. Ä.)
BBQ Sauce
Speck bzw. Bacon
Teriyaki-Hühnchen
Zuccini

...das klingt seltsam, oder? Besonders Mayonnaise ist eine sehr beliebte Zutat!

Übrigens: Pizza ist in Japan sehr teuer! Eine normale Pizza vom Lieferdienst kostet meist 18-25€!



4 Kommentare:

  1. Danke Elisabeth für deine wunderschöne Beiträge. Die lese ich sehr gern.

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  2. Sag mal, meinst du bei den Fischeiern nicht eher Tarako oder die Mentaiko als die scharfe Variante davon? Ikura (=Lachseier, die grossen durchsichtigen Kugeln mit Fluessigkeit drinnen) habe ich bei Pizza noch nie gesehen. Und ich bezweifle auch, dass sie backen bei ueber 200 Grad ohne Explosion ueberleben wuerden.

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    2. Du hast recht, es sind nicht die großen, roten, einzelnen Eier eines Lachses ("Ikura"), sondern die bereits verarbeiteten und zusammenhängenden Eier eines Pollacks ("Mentaiko"). (https://de.wikipedia.org/wiki/Pollackrogen)
      Ich habe mich bei der Übersetzung des Wortes damals auf Wadoku verlassen, ohne das genauer zu hinterfragen. Dort wird "Mentaiko" mit "Seelachsrogen" übersetzt. Tatsächlich gibt es bei der Bezeichnung "Seelachs" schon Definitionsschwierigkeiten, weil das gemeinte Tier nicht einmal ein richtiger Lachs, sondern ein Pollack (ein Dorsch) ist. Bei uns ist er im Handel als "Alaska-Seelachs" bekannt, hat aber nichts mit einem echten Lachs zu tun. Das hatte ich nicht auf dem Schirm. Danke für den Hinweis! Ich korrigiere die missverständliche Info im Blog sofort! :)

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